Zwischen 1870 und dem Ersten Weltkrieg löste der Staat die Kirchen als wichtigsten Träger von Bildungseinrichtungen ab. Die sich verbreitende Erkenntnis, dass Bildung nicht nur die Identitäten und Werthaltungen nachwachsender Generationen, sondern auch die politischen und ökonomischen Chancen der Gesellschaftsmitglieder beeinflusst, heizte die politischen Diskussionen über Bildung an. Die Reformen des Bildungssystems wurden mehr und mehr von Klassenkonflikten geprägt. Zwar öffnete die Einführung der Schulpflicht Kindern aus allen Schichten zumindest den Zugang zur Elementarbildung, doch in den höheren Schulen und Universitäten blieben die Mittel- und Oberschicht noch weitgehend unter sich.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Grundschule, Berufsausbildung und allgemeine Sekundarschule ausgebaut. In Deutschland kam es wie in vielen anderen europäischen Ländern zur Öffnung der höheren Schulen für breitere Bevölkerungsschichten. Die Volksschule wurde nun den höheren Bildungsgängen vorgeschaltet und musste von allen Kindern besucht werden. Somit etablierte sich endgültig das bereits im 19. Jahrhundert entstandene dreigliedrige Schulsystem.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden überall in Europa, sowohl der Sekundarbereich ausgebaut als auch die höheren Schulen, Universitäten und Fachhochschulen auch für Kinder aus bislang benachteiligten Schichten weiter geöffnet. Nationale Besonderheiten der politischen, ökonomischen und sozialstrukturellen Entwicklung sowie Unterschiede in der Organisation, Kontrolle und Finanzierung ließen in Europa eine vielfältige Landschaft von Bildungssystemen entstehen,
Quelle: bpb.de